Unser Ziel: Alle sollen schwimmen können
Von Nichtschwimmer*innen zu Schwimmer*innen - von Schwimmer*innen zu Rettungsschwimmer*innen.
Warum ist das Schwimmenkönnen so wichtig?
Um sich im Wasser angstfrei und sicher zu bewegen, ist es wichtig, schwimmen zu können. Wer nicht oder nicht ausreichend gut schwimmen kann, droht im schlimmsten Fall zu ertrinken. Obwohl Schwimmen zu den beliebtesten Sportarten zählt, kann nicht jede*r sicher schwimmen. Das ist auch Voraussetzung, um weitere Wassersportarten erlernen und betreiben zu können. Schwimmen ist gesund [1], es hat einen positiven Einfluss auf bestimmte chronische Krankheiten. Schwimmen kräftigt die Muskulatur, schont die Gelenke und trainiert Ausdauer sowie wichtige motorische und koordinative Fähigkeiten.
Wie viele Kinder und Jugendliche in Deutschland können sicher schwimmen?
Die Schwimmfähigkeit der deutschen Bevölkerung wurde in einigen wenigen Studien erhoben. Jedoch waren die Studien bislang nicht vergleichbar, da es lange keine einheitliche Definition der Schwimmfähigkeit gab, unterschiedliche Altersgruppen befragt wurden und die Schwimmfähigkeit in den Studien unterschiedlich abgefragt wurde (Selbst- und Fremdeinschätzung) [2]. Dementsprechend schwierig ist die Angabe einer „Nichtschwimmer*innen-Quote“.
Aber auch wenn wir aktuell nicht zuverlässig wissen, wie viele Kinder und Jugendliche schwimmen können, so können wir aus unserer Erfahrung doch sagen, dass es zu viele Kinder gibt, die am Ende der Grundschulzeit nicht bzw. nicht sicher schwimmen können. Diese Situation wurde durch Bäderschließungen und Einschränkungen während der Corona-Pandemie weiter verschärft.
Woran liegt es, dass Kinder und Jugendliche nicht (sicher) schwimmen können?
Hierfür gibt es nicht nur eine einzelne Ursache, sondern mehrere Ursachen wirken zusammen. Das Robert-Koch-Institut erhob hierzu Daten [3]. Folgende Faktoren sind kurz zusammengefasst entscheidend:
Sozialer Status
Es zeigte sich deutlich, dass Kinder mit niedrigem Sozialstatus seltener schwimmen können. Noch häufiger können Kinder und Jugendliche nicht schwimmen, die einen niedrigen sozialen Status und gleichzeitig beidseitigen Migrationshintergrund haben (siehe auch nächster Punkt).
Kulturelle Unterschiede
Kinder mit Migrationshintergrund sind häufiger Nichtschwimmer*innen, da die Eltern meist selbst nicht schwimmen und es somit ihren Kindern auch nicht vermitteln können. Weiterhin hat das Schwimmen in anderen Kulturen einen geringeren Stellenwert als in Deutschland und es besteht somit kein Interesse an der Schwimmfähigkeit.
Fehlendes Engagement der Eltern bzw. Personensorgeberechtigten
Viele Eltern bzw. Personensorgeberechtigte sehen die Schule in der Pflicht, die Schwimmfähigkeit zu vermitteln, wobei dies nur in seltenen Fällen, d.h. vor allem mit dem entsprechenden Kollektiv von Schüler*innen, idealem Standort mit großzügig bemessener Wasserfläche und Wasserzeit sowie ausreichendem Lehrpersonal, gelingen könne.
Schwimmbadsituation und Eintrittspreise
Auch überteuerte Eintrittspreise und der Zustand der Schwimmbäder (Sanierungsbedarf, Schließungen) können Ursachen darstellen. Weiterhin sind gerade in ländlichen Gebieten Hallen- oder Kombibädern mit der Funktion als Sport- oder Schulschwimmbad kaum vorhanden. Eine valide Datenbasis fehlte auch hier bislang - dies ändert sich aktuell mit dem Projekt „Bäderleben“ (siehe weiter unten).
Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind sehr gering und müssen nicht betrachtet werden.
Alle sollen schwimmen können! - Wie erreichen wir das?
Es sind vielfältige Maßnahmen erforderlich:
Einheitliches Verständnis zur Schwimmfähigkeit
Die Schwimmfähigkeit wird auch bezeichnet als „Schwimmenkönnen“, „Schwimmfertigkeit“, „sicher schwimmen“ oder „Wassersicherheit“. Es gab lange Zeit keine einheitliche Definition des Begriffes „Schwimmfähigkeit“ und auch in den Lehrplänen der Bundesländer wurden bislang unterschiedliche Zielsetzungen an die Schwimmfähigkeit gestellt. Dies änderte sich mit der Gemeinsamen Erklärung zum Ziel des Sicher Schwimmen Könnens in der schulischen und außerschulischen Schwimmausbildung vom Dezember 2019 : Als Nachweis des „Sicher Schwimmen Können“ (Schwimmfähigkeit) wurde die Bewältigung der vierten Niveaustufe „Sicheres Schwimmen“ ebenso wie der Erwerb des Deutschen Schwimmabzeichens in Bronze anerkannt. Das Abzeichen „Seepferdchen“ gilt nicht als Nachweis des sicheren Schwimmens und ist nicht ausreichend, es ist Teil der vorausgehenden Wasserbewältigung.
Einheitliche und aktualisierte Baderegeln
Gemeinsam mit anderen Verbändern erarbeiten wir Baderegeln, die Kinder leicht verstehen können. Durch eine einheitliche Gestaltung haben sie einen hohen Wiedererkennungswert.
Kurse zur Wassergewöhnung und -bewältigung und zum sicheren Schwimmen
Damit Kinder in der Grundschule die Schwimmfähigkeit nachweisen können (Niveaustufe 4 oder DSA Bronze), müssen sie frühzeitig mit dem Wasser in Berührung kommen. Angebote für die Wassergewöhnung und -bewältigung können bereits ab dem Alter von 4 bis 5 Jahren unterbreitet werden. Weiterhin bieten wir Kindern vielfältige Angebote von Schwimmkursen bis hin zu Aktionswochen zur Abnahme von Schwimmabzeichen an. Dabei lernt jedes Kind, jede*r Jugendliche und jede*r Erwachsene in seinem eigenen Tempo. Auf die individuellen Bedürfnisse nehmen wir Rücksicht.
Unterstützung von Eltern bzw. Personensorgeberechtigten, Erzieher*innen sowie Lehrkräften
Neben der Begleitung und Durchführung von Kursen erarbeiten wir zielgruppenspezifische Konzepte und Handreichungen, um den Eltern bzw. Personensorgeberechtigten, Erzieher*innen sowie Lehrkräften mehr Sicherheit bei der Vermittlung des Schwimmens zu geben. Als Schwimmexpert*innen helfen wir ihnen bei der Planung und Umsetzung von Schwimmangeboten.
Weitere zielgruppenspezifische Angebote
Um allen Menschen das Element Wasser näher zu bringen und ihnen das sichere Schwimmen zu ermöglichen, bieten wir Kurse für alle Altersgruppen (vom Babyschwimmen über den Schwimmkurs bis hin zur Wassergymnastik). Wir nehmen auf die Bedürfnisse von älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund besonders Rücksicht.
Unterstützung von sozial benachteiligten Familien
Wir setzen uns dafür ein, dass sozial benachteiligte Familien Unterstützung erhalten, um an den Schwimmlernangeboten teilhaben zu können. Dies umfasst die Bereitstellung von Badebekleidung sowie die Übernahme von Eintritts- und Fahrtkosten.
Mitwirkung in der Bäderallianz und im Projekt „Bäderleben“
Eine gut aufgestellte Bäderlandschaft ist auch für uns im DRK wichtig. Bäder sind Begegnungsstätten, in denen wir Kindern und Erwachsenen das Schwimmen und Rettungsschwimmen beibringen. Dort trainieren wir, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten - egal ob an Seen, Flüssen und Stränden oder bei Notlagen und Katastrophen.
Als Mitglied der Bäderallianz unterstützen wir das Projekt "Bäderleben" [4] und setzen uns gemeinsam mit anderen Verbänden für die flächendeckende Verfügbarkeit, den Erhalt und die Sanierung der Bäderlandschaft in Deutschland ein. Das Projekt "Bäderleben" schafft hierfür die Grundlage mit validen Daten, welche Bäder vorhanden sind, welche Ausstattungsmerkmale sie haben und in welchem Zustand sie sind. Anhand dieser Daten wissen wir, wo Förderungen notwendig sind und schaffen somit die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung und für den Erhalt der Bäder.
Um die Daten zu erheben und aktuell zu halten, unterstützen wir das Projekt mit Badpat*innen.
Unsere Forderungen an die Politik
Damit jedes Kind, jede*r Jugendliche und jede*r Erwachsene schwimmen lernen und weiter festigen kann, brauchen wir die Unterstützung der Badbetreibenden, der Politik und der Verbände.
Deshalb fordern wir:
- Die verstärkte Umsetzung von Schulschwimmangeboten in den Grundschulen der Bundesländer inkl. Bereitstellung von Schwimmbadzeiten und Befähigung der Lehrkräfte sowie eine einheitliche Evaluierung der Angebote, um Verbesserungspotenziale aufzudecken und eine gezielte Unterstützung zu ermöglichen.
- Die Förderung von außerschulischen Schwimm(lern)angeboten für die Bevölkerung durch Bereitstellung von Schwimmbadzeiten und finanziellen Mitteln für die schwimmsporttreibenden Verbände und Vereine.
- Der durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkte Sanierungsstau soll gezielt und unter Beachtung von Aspekten des Klimaschutzes bei Bau- und Modernisierungsmaßnahmen aufgelöst werden. Hierzu sind umfangreiche finanzielle Hilfen für die Kommunen notwendig. Sportstättenförderprorgramme des Bundes können diesen Prozess fördern, koordinieren und langfristig (finanziell) stabilisieren.
- Flächendeckende, (auch finanziell) niederschwellige Zugänge zum Schwimmenlernen und Schwimmen sollen der Bevölkerung auch im Sinne der Prävention, Rehabilitation und Gesunderhaltung zuverlässig zur Verfügung stehen. Hierbei sind die Bedürfnisse aller Menschen gleichermaßen zu berücksichtigen.
Die Bädernutzung sollte auch im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit von Einsatzkräften im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz betrachtet werden und regelmäßige Aus- und Fortbildungen sowie Trainingsmöglichkeiten für ehren- und hauptamtliche Kräfte ermöglichen.
[1] Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015) Schwimmfähigkeit. Faktenblatt zu KiGGS Welle 1: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Erste Folgebefragung 2009 – 2012. RKI, Berlin; Link: www.kiggs-studie.de (Stand: 04.02.2015)
[2] Kels, Stemper (2017): Jedes Kind soll schwimmen können. Archiv des Badewesens 07/2017, 391-395.
[3] Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015) Schwimmfähigkeit. Faktenblatt zu KiGGS Welle 1: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Erste Folgebefragung 2009 – 2012. RKI, Berlin; Link: www.kiggs-studie.de (Stand: 04.02.2015)
[4] Link: https://baederleben.de/